Arbeitsrecht: Lohnzahlung trotz Verlassens des Arbeitsplatzes?
Ist Ihnen das auch schon einmal passiert? Unvermittelt treten bei Ihnen so heftige Zahnschmerzen auf, dass Sie die Arbeitsstelle verlassen müssen, um einen Arzt aufzusuchen. Muss Ihr Arbeitgeber Ihnen den Lohn für die Zeit, in welcher Sie beim Arzt waren, bezahlen?
Im Arbeitsrecht stehen die Arbeitsleistung und die Zahlung von Lohn in einem Austauschverhältnis. Daher gilt der Grundsatz: Ohne Arbeit kein Lohn! Dieser Grundsatz erfährt jedoch aufgrund sozialer Gesichtspunkte an verschiedenen Stellen eine Durchbrechung. Insbesondere ist hier der Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall zu nennen.
Auch für kurzfristige Verhinderungen bei der Erbringung der Arbeitsleistung sieht das Bürgerliche Gesetzbuch eine Durchbrechung dieses Grundsatzes vor. In § 616, Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist geregelt, dass ein Arbeitnehmer (dort: „der zur Dienstleistung Verpflichtete…“) den Anspruch auf die Vergütung nicht dadurch verliert, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert ist. Das Gesetz stellt hierbei ausdrücklich klar, dass der Arbeitnehmer zur Nachleistung seiner Dienste nicht verpflichtet ist.
In Notfällen, wie z.B. der spontan auftretenden Zahnschmerzen, ist der Arbeitnehmer also berechtigt, die Arbeitsstelle (ggf. nach Ankündigung) zu verlassen, um einen Arzt aufzusuchen. Auch Termine bei Spezialärzten, auf deren Vergabe der Arbeitnehmer unter Umständen keinen Einfluss hat, wird diese Vorschrift anzuwenden sein. Hierbei ist aber zu beachten, dass der Arbeitnehmer, je flexibler seine Arbeitszeit geregelt ist, die Pflicht hat, Termine so zu legen, dass sie nicht mit den Interessen seines Arbeitgebers kollidieren.
Allerdings findet die Vorschrift des § 616, Satz 1, BGB nicht nur Anwendung auf medizinische Sachverhalte. Vielmehr kann es jeder Grund sein, der in der Person des Arbeitnehmers auftritt und ihn an der Erbringung seiner Arbeitsleistung für einen verhältnismäßig kurzen Zeitraum hindert, ohne dass er ihn verschuldet hat. Entschieden wurde dies beispielsweise schon für die Teilnahme an Beerdigungen für nahe stehende Personen.
Im Einzelfall können sich zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in diesen Bereichen durchaus Streitpunkte ergeben. Fachkundiger Rat kann Ihnen dabei helfen, Probleme rasch aus der Welt zu schaffen.